Das Zauberknäuel

Category: Poetry
Mein Leben rollt wie der Faden
eines Zauberknäuels ab;
so lang und schlimm war der Weg,
daß ich nun keine Kraft mehr hab.

Wie der finstere Teufel im Märchen
empfing mich der Wächter voll Wut.
Er trägt eine Axt am Gürtel,
einen toten Adler als Hut.

Wie im Märchen: Ganz aus Eisen
ist das Tor. Darin ein Spalt.
Hindurch blickt der Teufel täglich
und zählt seine Opfer und prahlt.

Auf hundert Herden brät man
dem Teufel Menschenfleisch.
Mein finstres Schicksal verschlug mich
in dieses finstere Reich.

Ach, Großmutters grausigste Märchen -
wie heiter und harmlos ihr seid,
verglichen mit unserer Marter
in dieser Wirklichkeit.

Wohin man tritt: Die Fallen
des Teufels fangen dich ein;
der Tod hockt in den Winkeln
und zwingt dich, Sklave zu sein.

Hier gilt die Regel: den Kopf
kostet es, zeigst du Verstand.
Hier werden Kinder und Greise
in schalldichten Kammern verbrannt.

Geknebelt von Dienern des Teufels
in Hunger und Elend vergehn
Dshigiten, der Heimat beraubt,
und Mädchen, wie Grazien schön.

Mein Herz stöhnt laut bei den Zeichen
des Tods in vertrautem Gesicht.
Ein Alptraum, ein greuliches Märchen,
ist diese Welt ohne Licht -

in der ich sterbe. - Doch leben
wird, was ich schuf im Lied,
die Dinge, die ich gestreichelt,
jeder Baum, jede Blume, die blüht.

Wie das Zauberknäuel im Märchen
zeigt mein Lied den Weg, den ich ging;
folgt ihm, und ihr werdet mich finden
im letzten Lied, das ich sing.
December 12, 1943